Mitte November.............verwegen wie ich bin, würde ich mal behaupten, das der Sommer und die Moppedsaison nun gelaufen ist. In den letzten Wochen liefs eigentlich ganz gut, das milde Klima hat die Hardcoreyuppies und Weekendwarriors noch n bißchen auf den Öfen hocken lassen.
Schade nur, das es immer so früh dunkel wird. Mit der Dunkelheit kommt die Kälte, und somit wird die allabendliche Feierabendrunde mit der Taiwanchrom voll behängten Kirmesbude oder dem irrwitzigen "Breiteschlappenfaakerseepussimagnet" zu einem wahren Fiasko. Dem Einen isses zu kalt und Griffheizung im Magnum- oder Revolverstyle von Arlen Un-Ness-ecary ist noch nicht erfunden und die Anderen............Naja..............die sehen schlicht und ergreifend nix in der Dunkelheit. Wegen der hochglanzpolierten, im Ebay saubillig geschossenen Scheinwerfer, deren Leucht- und Streukraft mit einer 35 Watt Rollerbirne taugt allenfalls zum heimlich "Wendy" lesen unter der Bettdecke.
Dann gibts da noch die normalen Motorradfahrer. Die fahren meist um des Fahrens willen, ohne dauernd in Schaufenster zu gucken ob sie auch cool daherkommen. Oft sind es Speed Freaks, die mal eben schnell nach Paris dampfen um n paar Pommes zu fressen. Beeindruckend, diese Menschen verqualmen im Jahr etwa 2-3 Hinterreifen. Nicht etwa durch Burn Outs oder ähnlich unnützes Getue, nein, durch richtiges Fahren und schalten bis in den letzten Gang. Ungeachtet jedes Styles muss ihr Motorrad und Bekleidung in erster Linie zweckmäßig, stabil und von guter Qualität sein.
Tragischerweise kehrt mit dieser Zweckmäßigkeit auch ein nicht unerhebliches Potential an Langweiligkeit einher.........man muss also schon unerschütterlicher Idealist und Kilometerfresser sein, um mit sich auf einer BMW, FJR, oder einer ST 1100 Pan European erwischen zu lassen. Gleichwohl hat man bei näherem, persönlichen Kontakt zu diesen Menschen auch immer latent das Gefühl, mit denen könnte was nicht stimmen. Irgendwie wissen die immer alles und machen einen intellektuellen Eindruck, der Spuren hinterlässt.
Du weißt schon, Mann, wenn Du n Saab siehst, kannst Du zu 99% sicher sein, das ein Lehrer ihn fährt. Bei Volvo ist die Quote geringer, weil auch Ärzte Volvo fahren. Und Bullen. Die wiederum fahren im Dienst auch BMW. Die Hamburger wollten ja die Harleys nich, warum auch immer.
Na, egal, ich wollte einfach mal eingehen auf das Phänomen der intellektuellen, allwissenden, Kilometer fressenden, Nordkapbereisenden, Kardanöl kontrollierenden, über alles erhabenen Großkotze die im festen Glauben sind, ihre Meinung sei die einzig Wahre und vertretbare und jeder der nicht mindestens 5.000.000 Lichtjahre im Monat Motorrad fährt hat in ihren Augen gar keine Daseinsberechtigung und sollte besser Modelleisenbahn fahren.
So geschehen vor einiger Zeit, bekam ich ne Arbeitskarte einer FJR in die Hände, mit der Anweisung eine 10.000 km Inspektion durchzuführen. Das Schöne am Neuere-Japaner-schrauben ist eigentlich, das die Dinger in den seltensten Fällen verschraubt und verbastelt sind. Und zwar aus den eben erläuterten Gründen. Da sind keine Gewinde verhudelt oder so n Scheiß, Du weißt was auf dich zukommt, Du weißt, das Du in 1,5 Stunden damit fertig bist und Du weißt, das es heute abend dunkel wird.
Schraubst Du an ner älteren Harley, an der sich über Jahrzehnte hinweg jeder mal versuchen durfte, steht nur fest, das es heute abend dunkel wird. Der Rest bleibt offen...........
Anyway, ich schweife ab. Die FJR mit der 10.000er Inspektion kam also auf die Bühne und der Job war schnell erledigt. Nach Anweisung von Yamaha müssen bei dem Bike alle 10.000 km die Kerzen gecheckt werden. Keine große Sache, Kerzen raus, angucken, vielleicht sauber machen und mit Kupferpaste wieder rein gedreht. Alles in allem recht unspektakulär.
Bis auf eine klitzekleine Kleinigkeit...........Unterm Tank einer FJR ist zur Rahmenversteifung ein T-förmiges Profilrohr mit 3 Schrauben M10 am Rahmen verschraubt. Dies sei am Rande erwähnt, der geneigte Leser wird gebeten, sich diesen Umstand zu merken.
Der Job ging vorüber, der nächste kam. Alles in allem ne Arbeitswoche ohne viel Aufregung. Die kam dann am Sonntag danach...........
Mein Mobiltelefon klingelte an einem Sonntagnachmittag. Nur widerwillig ging ich ran............wer wars? Lego, der Macker mit der FJR.
Woher hat der meine Nummer? Wieso ruft der mich Sonntags an? Und überhaupt, was will der?
Ja, blablabla, er hätte mal n paar Fragen wegen der Inspektion. "Na, dann mal los" antworte ich.
Weißt Du was ich hasse? Wenn jeder Depp meint, er könnte mich einfach so duzen. Musste ich das werden was ich bin, um von jedem Dahergelaufenen mit "Du" angequatscht zu werden? Wenn ich Kontakt zum Kunden hab, egal wem, sieze ich den. Isses echt so schwierig eine der grundlegendsten Formen der Höflichkeit einzuhalten?
Auf alle Fälle hat der Typ mich voll gesabbelt wegen seiner Inspektion. Er sagte immer "Du" zu mir und ich sagte schön "Sie". Der hats gar nicht gerafft, der Affe und ich wurde immer ruhiger...........
Sein erstes Problem war die Probefahrt, ich wäre ja nur 11,45 km gefahren. Das sei ja wohl zu wenig, es sei vorgeschrieben mindestens 15 km zu fahren.
Ich sagte ihm, ich sei gar nicht gefahren, der Lehrling hat bei eingeschalteter Zündung das Rad solange drehen müssen, bis die Kilometeranzeige 15 km weiter ist. Wenn der Bengel aber nur 11,45 km weit gedreht hat, kann der sich für Montag warm einpacken.
Ich sag Dir was, Stille am anderen Ende. Kein Ton.......... Mit einem Mal fängt der Typ an von seinen Kerzen zu reden. Kein Wort mehr über die Probefahrt. Mir als ausgebildetem Galeerenseelsorger fallen solche Themensprünge sehr leicht.
"Wat is mit die Kerzen?" frage ich. "Ja, die müssen doch laut Serviceplan geprüft werden." sagt der Vogel.
"Und?" frage ich wieder. " Hab ich doch."
Da sagt der Kerl: "Nö, haste nich." Dann wieder Stille am Telefon........aber diesmal an meinem Ende. Manchmal brauchen solche Dinge in meinem nassen Brötchen etwas, bis sie über die entsprechenden Nervenbahnen in den richtigen Bearbeitungszentren ankommen.
Mit einem mal kippte die Stimmung in dem Gespräch. Natürlich wollte ich wissen, woher die Birne zu wissen glaubte, ich hätte seine Scheiß Kerzen nicht nach gesehen. Im weiteren Verlauf des Gesprächs verzichtete ich bewusst auf jede Art der Betonung, so wollte ich den Mann verunsichern und aus der Reserve locken. Diesen Trick hat mir der israelische Geheimdienst bei gebracht, als wir nahe Tibet auf dem Dach der Welt mit Sherpaführern verhandelten, die damit drohten die Behringstrasse zu asphaltieren.
Von dieser gewieften Maßnahme auf Betonung zu verzichten zeigte der Herr FJR Fahrer sich wenig beeindruckt und er stellte mir geschickte Fragen in denen Arbeitsabläufe und Vorgehensweisen erörtert wurden. Mir war völlig klar, das er mir ans Bein pissen wollte. Gleichzeitig aber auch schleierhaft, warum er das tat.
Nach einigem hin und her entschloss ich mich, dem ganzen Einhalt zu gebieten. Auf Deutsch gesagt wurde mir das Ganze langsam zu bunt. Schließlich war doch Sonntag und er hörte und hörte nicht auf. In meiner höflichen, zuvorkommenden Art machte ich in nur 3 Worten klar, was Sache ist: Butter bei die Fische!!
Endlich kam er hervor mit seiner Theorie die für ihn wohl unter höchster Geheimhaltungsstufe stand und für Außenstehende einfach nur absurd ist.
Stell Dir vor, der Kerl war mal bei nem Yamaha Händler auf einem Workshop für FJR und da hat man ihm erzählt, das es bei diesem Fahrzeug zwingend notwendig sei, jenes eben erwähnte, mit 3 Schrauben befestigte Aluminium Profilrohr auszubauen. Und nun kommts, bevor der gewitzte Profi sein Bike zum Händler brachte, schraubte er seine Tank los, schlich sich ins Bad und stiebitzte seiner Frau den Nagellack aus dem Kosmetikschränkchen und betupfte damit seine 3 Schrauben des Aluprofils. So konnte er nach Abholung des Bikes erkennen, ob die Schrauben gelöst wurden oder nicht. Seinen Ausführungen zufolge war der Nagellack noch intakt und somit das Aluprofil nicht ausgebaut. Daraus schlussfolgerte er, das ich die Kerzen nicht nachgesehen hätte.
Gespannt lauschte ich seinen Ausführungen, die er mit dem Satz abschloss, das man auch im FJR Forum diese Ansicht verträte, das ein Kerzenwechsel ohne Demontage dieses Aluprofils nicht möglich sei. Daraufhin war wieder Ruhe im Boot.
Und nu? fragte ich verdutzt. Ich solle doch mal Stellung beziehen und mich zu den Vorwürfen äußern, er fühle sich betrogen und gelinkt, war die Antwort. Schließlich hätte er die Arbeit komplett bezahlt und ich hätte sie nur halb ausgeführt. So begann ich dann den Versuch, dem Mann sachlich zu erklären das ich dieses bekackte Aluprofil nicht ausbauen würde um seine Kerzen zu checken. Plötzlich fängt der wieder an von seinem Händler und seinem Forum und dem ganzen Trara. Ob ich denn unterstellen wolle, die hätten alle keine Ahnung?
Mann, ich unterstell niemandem etwas und weiß auch nicht wie andere arbeiten. Aber ich bin der Evoluzzer und als ich seinerzeit bei der Fremdenlegion war und die ja alle Renault und Citroen fahren, die bekanntlich sehr verbaut sind, hab ich pro Finger ein weiteres Titangelenk in jeden Finger implantiert bekommen. Im Weiteren verfüge ich in meiner Werkzeugkiste nicht nur über zwei Schraubendreher, sondern auch über eine Vielfalt an Gelenken und Verlängerungen, so das ein Ausbau des Aluprofils nicht nötig ist. Zur Untermauerung meines Statements hatte ich noch ein wütendes Kackealteverdammte hinterher geschoben.
Da sagt der Typ: DAS will ich sehen!! Kein Problem........ erwiderte ich und legte auf. War mir echt zu bunt mit dem Vogel.