geklaut aber gut :phat:
Die Fünf Stufen des Frierens auf dem Motorrad.
Geschrieben von Fraro (fraro) am 21.01.2009
Was
haben die Fahrer von Enduros, Supermotos, Naked Bikes, Choppern und
nackigen Cruisern gemeinsam? Sie kennen das Phänomen des Frierens auf
dem Motorrad. Der Fahrer einer Goldwing oder eines vollverkleideten
Dampfers aus München wird kaum nachvollziehen können, wie das
unverkleidete winterliche Leben im Fahrtwind ohne Griffwärmer und
beheizte Sitzbank aussehen kann. Der winterharte Biker unterscheidet
dabei fünf Stufen des Frierens...
Stufe Eins. Du bist an einem
klaren Tag im Januar auf die Idee gekommen, die ersten trockenen Straßen
des Jahres zu einem kleinen Ausritt zu nutzen. Es soll ein bißchen über
die Hausstrecke gehen, mal sehen wer sonst noch so unterwegs ist und
vielleicht bei Erna an der Elbe ein kleines Käffchen stürzen. Draußen
hat es -2° C. Du ziehst also die Longjohns unter, knöpfst das Futter in
die Textilklamotten, suchst die dicken Handschuhe raus und brabbelst
los. Die ersten Meter sind wunderbar, die klare, trockene Frostluft
beißt Dir schelmisch in die Wangen. Dennoch läßt Du das Visier offen, um
die klare Winterluft im Gesicht zu spüren.
Herrlich! Es ist eine
Lust zu leben! Die dicken Klamotten stören Dich kaum, schon nach ein
paar Metern hast Du Dich daran gewöhnt und läßt das Moped fliegen. Schon
nach einer Dreiviertelstunde hast Du Dein Ziel erreicht. Du trinkst
einen dampfenden Kaffee zusammen mit den anderen Motorradfahrern, denen
die Kälte auch nichts ausmacht und nach einer weiteren halben Stunde
fährst Du wieder nach Hause. Du fröstelst leicht, als Du die Wohnungstür
aufschließt, bist aber der Meinung, daß sich dieser Ausritt absolut
gelohnt hat. Motorradfahren ist ja so ein tolles Hobby!
Stufe zwei.
Es
ist immer noch Januar, und Du hast Dich mit den Jungs zu einer Ausfahrt
verabredet. An einem Samstag vormittag, gleich nach Sonnenaufgang
trefft Ihr Euch auf dem Parkplatz bei McDonald's an der Ausfallstraße.
Ihr wollt über die geräumten Bundesstraßen und ein kurzes Stück Autobahn
in das Bikerrevier einfallen, in welchem Ihr letzten Sommer so tolle
Ausfahrten und Grillfeten hattet. Es liegt immer noch etwas Schnee vom
Vortag, aber der wird schon abtauen.
Da Ihr den ganzen
Tag unterwegs sein wollt und nur ein paar Zigarettenpausen und ein
Mittagessen eingeplant habt, mußt Du Dich etwas dicker panzern. Es hat
zwar lauschige fünf Grad plus, aber man soll die Temperaturen nie
unterschätzen. Du ziehst also Longjohns unter die Lederhose und noch
einen dünneren Pulli unter Deinen Winterpullover. Außerdem suchst Du die
Winterhaube raus, die Du unter den Helm ziehen willst. Du magst sie ja
eigentlich nicht, weil Du damit aussiehst wie einen Bankräuber auf dem
Weg zur Arbeit, und weil sie den Helm unangenehm eng werden läßt- aber
was hilft's?
Unterwegs ist es bedeckt, die Luft riecht nach
Schnee. Seit einer Stunde seid Ihr unterwegs. Deine Hände werden doch
langsam kalt in den dicken, unbeweglichen Winterhandschuhen- und auch
die Knie und Füße melden sich so allmählich. Deine Goretexjacke hält
zwar immer noch das Gröbste ab, aber schleichend kriecht Dir die Kälte
unter die Klamotten. Du bist froh, als Ihr an einem geschützten
Plätzchen anhaltet und Du Dich bei einer Zigarette ein bißchen bewegen
kannst. Die Gelenke wurden doch langsam steifer, aber Ihr scherzt und
blödelt und alles in allem ist es ein großartiger Tag. Ihr sitzt wieder
auf, und in gemächlichem Tempo geht es weiter, der Kneipe zu, in welcher
Ihr zu Mittag essen wollt.
Du bist dann doch
erleichtert, als Ihr da seid, und Du aus den klammen Klamotten
rauskannst. Der Gastraum ist zwar völlig überheizt, und dicke,
verqualmte Luft sucht sich ölig einen Weg in Deine Lungen, aber Du
konntest die Jacke über eine Heizung hängen, die Handschuhe dazu, und
taust langsam wieder auf.
Ein Schnitzel, drei Tassen Kaffee und
fünf Zigaretten später soll es wieder zurückgehen. Die Pause hat ein
bißchen länger gedauert als geplant, darum müßt Ihr jetzt ein bißchen
zulegen, wenn Ihr noch vor dem Dunkelwerden zuhause ankommen wollt. Ihr
streicht also jede zweite Zigarettenpause, und die Kälte macht sich
jetzt recht unangenehm bemerkbar. Du erwischst Dich dabei, wie Du den
Autofahrern ein bißchen neidisch in die Fahrgastzelle guckst. Die fahren
im Hemd, haben das Radio an, und werden ihr Ziel wohltemperiert
erreichen. Aber noch rettet dieses
was-bin-ich-für-ein-eisenharter-Hund-Gefühl Deinen Stolz.
Jetzt
hockst Du Dich erst recht gerade in den Wind und lachst dem Frost ins
Gesicht. Dem Frost? Ja, beim Aufbruch von der Kneipe hast Du gesehen,
daß das Thermometer noch etwas gefallen ist. das führt Dich direkt zur
Stufe drei:
Die ersten Schneeflocken schweben Dir
entgegen. Mist, hoffentlich bleibt die Straße gut, es ist immerhin noch
eine gute Stunde bis nach Hause. Deine Finger sind jetzt richtig klamm,
und die Bewegungen Deiner Füße auf Schalthebel und Bremse werden nach
und nach träger. Die dicken Klamotten nerven Dich, aber wenigstens
isolieren sie gut.
Zurück in der Stadt lächelst Du an
der Ampel zwei süßen Mädels zu, die dick eingemummt über die Straße
hasten. Sie gucken Dich harten Kerl nicht mal richtig an, und Dir
beginnt zu dämmern, daß die jetzt dem Fahrer eines beheizten Opel Corsa
1,0 mehr Aufmerksamkeit schenken würden. Trotz des ruhigen Tempos in der
Stadt kriecht Dir der Frost unangenehm in den Kragen, Schneeflocken
finden den Weg durch Dein offenes Visier. Leider kannst Du jenes nicht
schließen, weil es zwar mit irgendeinem ganz tollen und schweineteuren
Super-Duper-Antifog-Freeze-To-Hell-Zeugs beschichtet ist- aber deine
Brille leider nicht. Deine Nase beißt, die Wangen melden einen
stechenden Schmerz.
Endlich wieder zuhause ist Dir richtig kalt.
Du braust Dir erstmal einen steifen Grog, um wieder Leben in die klammen
Knochen zu pumpen, mummelst Dich auf dem Sofa in einer Decke ein, und
nach einer Weile tauen auch Deine schmerzenden Füße wieder auf.
Warum zum Teufel fährst Du eigentlich mitten im Winter Motorrad?