Hab ich gerade gefunden...
Polizei kassiert Braincap -Träger ab
05.04.2006 - 16:33 von chicco
Musste Strafe zahlen, ohne zu wissen wo für: Thomas H. mit dem beanstandeten Helm. Laut TUV sind alle Heime ohne Ohren-und Nackenabdeckung fürs Motorrad ungeeignet, somit kann die Polizei jetzt Braincap- Träger abkassieren
Bisher galten Braincaps als legal. ,,Falsch" sag! ein Kommissar und bläst zum Angriff.
Als Thomas H. (28) die Polizeikelle sah, wähnte er sich absolut sicher: ..Die können mir gar nix!" Warum auch? Sein Führerschein war ok, die serienmäßige Yamaha XVS 1100 Drag Star seines Vaters ordnungsgemäß angemeldet und versichert, und er hatte einen Helm auf. Einen Takai Highway Classic, kurz zuvor für 49,95 Euro beim Hein Gericke Shop in Bonn gekauft. Zwar steht im HG-Katalog, dass die Knappe, fast nur den Hinterkopf bedeckende Helmschale nicht der aktuellen ECE-Norm entspricht, aber laut Gesetz muss sie das auch nicht. Den kontrollierenden Hauptkommissar Peter Hengstenberg interessierte das aber einen feuchten Kehricht, er blieb stur: ,,Das ist kein Motorradhelm, das kostet Sie 15 Euro!" Weil das nicht die Welt war, zahlte Thomas H., knallte später bei Hein Gericke den Helm aber auf den Tisch: ,,Der ist ja doch nicht legal!" Von allen Seiten wurde ihm dann aber versichert, er dürfe einen Helm ohne ECE tragen. Das hatte kürzlich auch in mopped (Heft 11/2005) gestanden. Bestärkt in der Meinung, im Recht zu sein, wandte sich H. an einen Anwalt. Der setzte ein Schreiben an die Bonner Polizei auf und forderte die 15 Euro seines Mandanten zuriick. Ohne Erfolg: Zwar müsse ein Motorradhelm in Deutschland tatsächlich nicht der ECE-Norm entsprechen, so die Antwort aus dem Polizeipräsidium. Jedoch habe es sich beim von H. getragenen Kopfschutz gar nicht um einen Motorradhelm im eigentlichen Sinne gehandelt, was auch der TÜV-Rheinland in einem von der Polizei in Auftrag gegebenen Gutachten bestätigte. Ende vom Lied: H. musste nicht nur die 15 Euro Verwarnung plus 49,95 Euro für einen Helm bezahlen, den er gar nicht tragen darf, sondern auch noch eine saftige Anwaltsrechnung. ,,Ist das nicht reine Willkür? Hier ist der Kunde doch der Dumme!", beschwerte sich der Biker schließlich - zu Recht. Schließlich war er sich keinerlei Schuld bewusst.
mopped ging der Sache nach und sprach mit dem Kom-missar (siehe Interview?), dem Bundesverkehrsministerium und dem Autor des bislang nicht veröffentlichten TÜV-Gut-achtens. Ergebnis: Tatsächlich sind auch nach Deutschem Recht (in anderen EU-Staaten sind die Minihelme schon langer verboten) die sogenannten Braincaps am Motorrad nicht erlaubt. Den Grund dafür nennt Peter Schaudt, amtlich anerkannter Sachverständiger und Helmspezialist des TÜV-Rhein-land: Egal was der Handel sagt, ,,Helme, die nicht einmal die Ohren und den Nacken des Trägers abdecken, sind keine Motorradhelme." Zwar habe noch kein Gericht definiert was genau ein Motorradhelm ist und was nicht, und, so der TÜV-Mann weiter, ,,solange dies so ist, besteht eine gewisse Rechtsunsicherheit. Dennoch bleibt es dabei, dass diese Heime unterm Strich ungeeignet sind, weil irgendeine gültige Norm müs-ste auch ein Gericht heranziehen. Und diese Helme entspre-chen gar keiner Norm." Eine Ansicht, der sich im Wesentlichen auch das von mopped eingeschaltete Verkehrsministerium anschloss: ,,Es kann aufgrund des TÜV-Gutachtens davon ausgegangen werden, dass sogenannte Braincaps kei-ne ausreichende Schutzwirkung haben," so Ministeriumssprecherin Sabine Mehwald. Folge:
Wer auf Nummer sicher gehen will, setzt was anderes auf den Kopf. Denn ab sofort gilt:
Braincaps schützen auch vor Polizeiärger nicht mehr.
Quelle: Mopped Nr.4 April 2006
DAS SAGT DIE POLIZEI
,,Das ist kein Motorradhelm":
Polizeihauptkommissar Peter Hengstenberg
1. Herr Hauptkommissar, wenn Sie privat unterwegs sind, was fiir ein Motorrad fahren Sie und was für einen Helm tragen Sie?
Als Polizeibeamter ist man der Marke BMW besonders verbunden. Privat fahre ich eine R 80 RT, Baujahr 1985, und trage dabei einen Klapphelm.
2. Gilt nicht in Deutschland hinsichtlich der Helmpflicht die Devise ..Was nicht verboten ist, ist erlaubt"?
Man muss diesen Satz anders formulieren. Die Devise lautet: ,,Was die Anforderungen an einen Motorrad- Schutzhelme erfüllt.ist auch erlaubt.
3. Zum Motorradfahren verboten waren Bau- Oder Stahlhelme und andere Kopfbedeckungen, die nicht als Motorradhelme ausgelegt waren. Was haben Sie gegen als Motorradhelme angebotene ..Braincaps"?
Dass es sich bei diesen Kopfbedeckungen nicht um Motorradschutzhelme handelt. Schon vor der Einführung der ECE-Norm fur Motorradhelme gab es eine DIN-Norm fiir Motorradschutzhelme. Nach dieser Norm mussten die Ohren und der Nacken durch den Helm geschützt sein, an die Materialien wurden besondere Anforderungen bezüglich Stoßdämpfung, Dehnungsverhalten des Kinnriemens und des Abstreifverhaltens gestellt. All diese Anforderungen werden von den sogenannten ,,Braincaps" nicht erfüllt. Es steht fest, dass einige dieser Kopfbedeckungen( Helme möchte ich sie nicht nennen) noch nicht einmal die Sicherheitsanforderungen an einen Fahrradhelm erfüllen
4. Die Neufassung des StVO-Paragraphen zur Helmpflicht besagt, dass Motorradfahrer ..geeignete" Schutzhelme tragen nüssen. Gut, aber wer definiert, ob ein Helm ..geeignet" ist, Oder nicht? Kann und darf dies der einzelne Beamte bei einer Kontrolle vor Ort?
Generell erfüllen alle ECE-geprüften Helme diese Anforderungen. Sollte ein Helm dieses Prüfzeichen nicht haben, kann man zumindest anhand der Form (Schutz für Ohren und Nacken) erkennen, ob es sich um einen Motorradhelm handelt.
5. Wenn ein großer Motorrad-Zubehöranbieter Helme als Motorradhelme verkauft, muss der Kunde dann nicht davon ausgehen können. dass es sich um ..geeignete" Helme handelt, sprich er vor einem Verwarnungsgeld sicher ist?
Die führenden Zubehöranbieter weisen in ihren Katalogen und auch bei Verkaufsgesprächen auf die fehlende ECE-Norm bei verschiedenen Kopfbedeckungen und Betriebserlaubnis bei Zubehörteilen hin. Leider ist das Personal meist nicht in der Lage, die rechtlichen Konsequenzen des Fehlverhaltens darzustellen. Das Tragen eines ,,Braincap" stellt einen VerstoB gegen § 21 a StVO dar (Fahren ohne Helm) und wird zur Zeit mit einem Verwarngeld von 15 Euro geahndet. Sollte es zu einem Unfall kommen, bei dem der Träger eines ,,Braincap" schwere Kopfverletzungen davon trägt, wird die versicherungsrechtliche Seite zu prüfen sein,
6. Hat die Polizei wirklich die Aufgabe, mündige Biirger vor sich selbst zu schüt-zen? Schließlich schadet der Träger einer ,,Braincap" höchstens sich selbst.
Die Frage hat der Gesetzgeber schon entschieden, als er die Helmpflicht einführte. Ein geeigneter Motorradhelm dient der Sicherhert des Trägers, und wenn man wie ich - einen Motorradunfall hatte, weiß man um die Vorteile eines guten Schutzhelms. Meiner Meinung nach ist das Verwarngeld mit 15 Euro zu niedrig.
Quelle: Mopped Nr.4 April 2006